Durch eine Freundin ist das Buch Manifest für das 22. Jahrhundert: Moneyfest for future von Samirah Kenawi in meine Hände gelangt. Das (kurze) Buch ist der erste Teil einer Reihe, die sich mit der Frage von Geld, Kredit, Geldversorgung, Real- und Finanzwirtschaft auseinandersetzt. Es stellt keine geringere Frage als
Wie sind wir in dieses System hineingeraten und wie gelangen wir wieder heraus? Die Quadratur des Geldes geht diesen Fragen in vier Büchern Schritt für Schritt nach.
Gelesen habe ich das Vorwort, Prolog – SehnSucht nach Meer/Mehr und Probleme – Gestörte Kreisläufe. Also ein knappes Viertel des Buchs.
Meine erste Kritik an dem Buch ist die Lagebeschreibung die Kenawi im Prolog vornimmt. Auf einer handvoll Seiten wird über die Sehnsucht nach dem anderen, das schöne Leben gesprochen. Nach einer Welt voller Gerechtigkeit, hohen Lohn, niedrigen Kapitaleinkommen und einer Welt in der mensch keine Angst vor der Klimakatastrophe haben muss. Menschenrechte und Freiheit dürfen bei der Aufzählung natürlich nicht fehlen. Es wird die Frage eröffnet, ob denn nun eigentlich die Forderung „Her mit dem schönen Leben“ wirklich reicht. Es werden vergangene Kämpfe für Sozialismus und gescheiterte Revolutionen beschrieben. Es wird der Eindruck vermittelt, als wäre der Wunsch nach einer großen Veränderung in dieser Gesellschaft vorhanden. Aber Fehlschläge und Orientierungslosigkeit lähmt die Menschen.
Es wird also ein Bild gezeichnet, in dem Menschen eigentlich bereit sind für etwas ganz neues, aber das Feuer, die Leidenschaft und die Richtung fehlt. Hier nun meine Kritik: In dieser Gesellschaft gibt es ganz viel Unzufriedenheit. Ja es gibt sie über niedrigen Lohn, zu viel oder zu wenig Klimaschutz, über zu viele Ausländer*innen und auch darüber wie diese behandelt werden oder auf ihrem Weg nach Europa sterben. Es gibt Bewegungen von links nach rechts die für Veränderungen werben und kämpfen. Aber die spannende Frage ist doch: Für welche Veränderungen? Für mehr Sozialstaaat? Einem starken Staat der ordentlich durchgreift? Es ist eben nicht so, dass die Gesellschaft aus Menschen besteht denen einfach nur der Glaube an „das schöne Leben“ fehlt, nicht einmal eine Einigung darüber, was dieses „schöne Leben“ denn sein soll gibt es. Und es gibt sogar viele die für Veränderungen kämpfen, von denen mensch vielleicht ganz wenig hält.
Weiters wird festgestellt, dass es keinen fixen Inhalt von Gerechtigkeit gibt. Anstatt sich zu fragen, ob das vielleicht an Gerechtigkeit selbst liegt. Meine Gegenposition: Gerechtigkeit ist z.B. die Suche nach dem korrekten, angebrachten, verdienten Lohn. Dieser gerechte Lohn wird von Arbeitgeber*innen und Lohnabhängigen unterschiedlich gesehen. Aber warum? Aufgrund unterschiedlicher Interessen! Im Buch jedoch wird ganz auf Abstraktionen gesetzt
Ziel des Gerechtigkeitsstrebens sollte es sein, Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit wahrzunehmen und sie gerade deshalb unterschiedlich zu behandeln, allerdings alleine mit dem Ziel, Chancengleichheit zwischen ihnen zu ermöglichen.
Als wären Unterschiedlichkeiten etwas tolles, etwas das zu feiern wäre. Das kommt doch auf die Unterschiedlichkeit ein. Ein Mensch der rassistisch ist, ist anders als man selber. Feiert man diese Unterschiedlichkeit?
Im dritten Teil, werden im Buch verschiedene Beobachtungen über diese Welt gemacht. Vier Unterkapitel in denen auf Umweltzerstörung eingegangen wird und eines, dass sich ums Geld dreht. In all diesen Unterkapiteln geht es um gestörte Kreisläufe.
Ein großes Problem dieses Buches ist es, dass viele Dinge kurz angeschnitten, behauptet, aber nicht erklärt werden und danach auf Basis dieser Thesen argumentiert wird. Am stärksten zeigt sich das in 3.5.Der Geldkreislauf – Ökologie versus sozialer Frieden in der Börsen, Kredit, die Behauptung von Geldkreisläufen und Co angesprochen werden. Im Buch selbst wird erwähnt, dass das alles leider „sehr kompliziert ist“ und „hier leider nicht erklärt werden kann“. Aber eines soll mensch gelernt haben: Irgendein Kreislauf ist gestört und das kann nichts gutes verheißen.
Behauptet wird im Buch ein Widerspruch zwischen Realwirtschaft und Finanzwirtschaft. Die Finanzwirtschaft entziehe der Realwirtschaft Geld. „Stört“ also den Geldkreislauf. Und durch den Entzug des Geldes wird der Realwirtschaft geschadet. Seltsam ist ja, dass Unternehmen wie VW und Co sich Geld über Börsen besorgen um erfolgreich Realwirtschaft treiben zu können – vielleicht ist das Verhältnis von Real- und Finanzwirtschaft also doch eher durch ein sich gegenseitiges Benutzen mit nicht deckungsgleichen Interessen geprägt. Aber unabhängig von der Frage, ob die Charakterisierung im Buch so stimmt: Es wird eine Lanze für die Realwirtschaft gebrochen. Nur in der Finanzwirtschaft kann – so steht geschrieben – überschüssiges Geld investiert werden, welches sich ohne eigene Arbeit vermehrt.
Wer mehr als nötig hat, kann deshalb durch wie wundersame Selbstvermehrung von Kapital an den Finanzmärkten ein arbeitsfreies, genussvolles Leben führen.
Wer einen Blick auf diese Welt wirft, wird und kann (ohne sich genauer mit Ökonomie auseinandergesetzt zu haben) schnell bemerken, dass dem nicht stimmt. Reale Unternehmen sind genau die Art und Weise, wie Menschen, die über genug Kapital verfügen, Geld ohne eigene Arbeit vermehren können. Die gelobte Realwirtschaft lässt Menschen für den Reichtum anderer arbeiten.
Kurzes Fazit: Bisher geht es im Buch drunter und drüber. Es wird eine Vielzahl von unterschiedlichsten Themen angeschnitten, angeteasert. Es werden Behauptungen angestellt und nicht erklärt. Und einiges von dem was geschrieben wird (siehe das Beispiel: Finanz- vs. Realwirtschaft) entspricht nicht der Realität.
In weiteren Blogpostings werden wir uns mit den folgenden Kapitel 4. Ursachen – Kapitalistischer Wahnsinn, 5. Zusammenhänge – Eigentümliches Eigentum, 6. Irrtümer – Mythos Marx und Visionen – Wege in die Zukunft beschäftigen.